Nun folgt die Abschiedsrede von Margrit Jansen im Wortlaut:
„Lieber Bürgermeister, lieber Frieder,
meine Damen und Herren,
herzliche Umarmungen müssen in diesen Zeiten durch gute Worte ersetzt werden. Auch wenn alle guten Worte heute kurz sein müssen, unverzichtbar sind sie nicht. Aber sie können bei weitem nicht so ausführlich sein, wie sie, lieber Frieder, deiner 12 Jahre langen Verantwortung als Bürgermeister in unserer Stadt angemessen wären.
12 lange Jahre seit 2008 wir erinnern uns: Das war auch damals ein unbarmherziges Krisenjahr. Die Bankenkrise war zur Weltwirtschaftskrise geworden mit immenser Staatverschuldung und der Eurokrise im Gepäck. Die öffentlichen Haushalte mussten Steuerausfälle in bislang nicht gekannter Größenordnung verkraften. Das alles ist auch an unserer Stadt nicht spurlos vorübergegangen. Manches davon begleiten uns leider bis heute.
12 ereignisreiche Jahre voller Herausforderungen liegen hinter dir – liegen hinter uns. Herausforderungen, die gemeistert werden mussten. Hier waren insbesondere Pragmatismus und Fachwissen gefragt. Aber so manches Mal auch sehr viel Geduld und das berühmte „dicke Fell“.
Als Bürgermeister hast du gemeinsam mit deiner kompetenten Mannschaft im Rathaus Lösungen und neue Wege finden müssen. Und es galt Mehrheiten zu überzeugen. Ich bin mir nicht sicher, was schwieriger gewesen ist: Das Finden oder das Überzeugen. Und in diesem Zusammenhang zitiere ich gerne aus deiner Neujahresrede in diesem Januar. Du hast in aller Bescheidenheit gesagt: In den vergangenen Jahren ist sehr viel passiert in unserem Langen – mehr als viele Skeptiker für möglich gehalten haben. Ich füge hinzu, es ist nicht nur sehr viel passiert in deinen 12 Jahren: Es ist sehr viel Gutes passiert in diesen 12 vergangenen Jahren. Es ist sehr viel Gutes passiert, das deine Handschrift trägt und stets deine Handschrift tragen wird. Dafür danken wir dir.
Aber nun kommt Corona? Und ich vermute einmal, das macht dir den Abschied nicht leichter.
Dein Nachfolger startet wieder – wie du im Jahr 2008 – mit einer großen Krise im Gepäck. Es ist wieder eine große Krise mit noch unbekannten Ausmaßen, die gemeistert werden muss. Dafür wünsche ich Ihnen, Herr Dr. Werner, eine glückliche Hand für unsere Stadt.
Lieber Frieder, alles hat seine Zeit. Und es ist ein Glück, wenn man selbst bestimmen kann, wann eine Zeit erfüllt ist. Du hast dich nach 12 Jahren für den Abschied entschieden. Und diese eigene Entscheidung macht es sicherlich leichter bei aller Wehmut, die jeder Abschied mit sich bringt – zufrieden zurück zu schauen.
Aber was noch viel wichtiger ist: Ein selbstgewählter Abschied macht es auch viel leichter, zufrieden nach vorne zu schauen. Jetzt ist Zeit für all das, was in den letzten 12 Jahren zu kurz gekommen ist.
Wir, deine 12 von der SPD hier im Rathaus, überreichen dir deshalb heute etwas sehr Persönliches. Es ist ein Kalender für die ersten nun kommenden 12 Monate ohne Rathaus. Darin findest du für jeden neuen Monat unsere Anregungen zum Glücklichsein – für deine neue Zeit.
Sie beginnt jetzt. Wir wünschen dir und deiner Frau Anne und deiner ganzen Familie alles erdenklich Gute dafür.“
Im Anschluss sprach auch der stellvertretende Stadtverordnetenvorsteher und langjährige Weggefährte, der ehemalige SPD Langen – Vorsitzende Frank Gottschling ein paar Worte – eine Rede, die hier auch nicht vorenthalten werden soll:
„Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, vor allem aber
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Gebhardt, lieber Frieder,
mit dem 30. Juni geht deine 12jährige Amtszeit als Bürgermeister der Stadt Langen zu Ende, heute verabschieden wir dich aus dem Amt. Es waren bewegte 12 Jahre und du hast in dieser Zeit viel bewegt. Deine erste Amtsperiode war geprägt von den Folgen der Finanzkrise, aber auch in der zweiten bestimmten Begriffe wie Haushaltssicherungskonzept, Haushaltskonsolidierung oder Hessenkasse die Debatten und das Ringen in und mit der Stadtverordnetenversammlung um ausgeglichene Haushalte.
Heute ist aus bekannten Gründen nicht ausreichend Zeit, um auf deine großen Verdienste in der kommunalpolitischen Arbeit im Einzelnen einzugehen bzw. die erfolgreichen Projekte zu würdigen. Dazu gehören große Bauprojekte aber auch Änderungen in den Organisationsstrukturen der Stadtverwaltung mit einer erfolgreichen Bündelung von Ressourcen. Es bleibt vor allem festzuhalten, dass es dir in Zusammenarbeit mit allen verantwortlichen Gremien gelungen ist, die guten sozialen und kulturellen Standards der Stadt trotz des manchmal bitteren Sparkurses zu erhalten – eine Leistung, die größten Respekt verdient und für dich besonders als Sozialdemokrat von größter Wichtigkeit war.
Für die Menschen ist die Kommune der Ort, wo sich ihr Leben abspielt, wo ihre alltäglichen Bedürfnisse entstehen und befriedigt werden wollen. Der Bürgermeister verkörpert für die meisten von ihnen die Instanz, die dafür verantwortlich ist, dass alles gut funktioniert und reibungslos klappt. Und du hast oft genug erlebt, dass Menschen sich direkt an dich gewandt haben, dich verantwortlich gemacht haben, auch wenn du formal gar nicht zuständig warst. Aber du hast immer für alle ein offenes Ohr gehabt und alle Anliegen und Sorgen ernst genommen, dich um Hilfe oder Abhilfe bemüht.
Zwei Ereignisse, die dich in ganz ungewöhnlicher Form als Bürgermeister gefordert haben, möchte ich hervorheben. Es war zum einen der 18. August 2019, an dem am frühen Abend ein Tornado über Langen fegte, enorme Schäden verursachte und das Gesicht der Stadt nachhaltig veränderte. Für die Bewältigung dieser krisenhaften Lage gab es keine vergleichbaren Situationen, keine Blaupausen, auf die du zurückgreifen konntest. Hier waren Führungsstärke, Umsicht, Entschlussfreudigkeit gefragt. In einem tagelangen Dauereinsatz hast du mit deinem Krisenstab Schaden begrenzt und wichtige Sofortmaßnahmen eingeleitet. Für diesen besonderen Einsatz gebührt dir der besondere Dank der Stadt. Uns allen hat dieses Ereignis fast schon in brutaler Weise die Notwendigkeit von Klimaschutz vor Augen geführt. Zweitens hat die Corona-Krise deine Rolle als Bürgermeister noch einmal völlig neu definiert. Plötzlich war die Stadtverordnetenversammlung mit ihren Ausschüssen quasi ausgeschaltet, die Verwaltung minimiert, der Bürgermeister wurde zur zentralen Entscheidungsinstanz. Die Gefahr durch das Virus ist noch nicht vorbei, aber wie es ausschaut, hast du die Stadt Langen gemeinsam mit dem Krisenstab mit viel Umsicht durch die Krise gesteuert. Auch dafür gebührt dir großer Dank. Nun muss sich das alte und bewährte Verhältnis der politischen Kräfte wieder einspielen und wird dies auch gewiss tun. Die noch nicht genau abzuschätzenden Folgen müssen bewältigt werden. Das wird lange dauern und viel kosten. Du wirst es nur noch als Beobachter und nicht mehr als zentrale Person im Zentrum der Entscheidungen erleben.
Jedenfalls waren diese letzten Monate kein sanfter Übergang in die Pensionszeit, in den wohlverdienten Ruhestand, wie man so sagt, sondern du musstest umgangssprachlich gesagt noch einmal Vollgas geben. Es wäre daher denkbar, dass du eine gewisse Erleichterung verspürst, die Verantwortung jetzt abgeben zu können. Ich glaube jedoch, das ist nicht so. Die Arbeit, das hast du selbst gesagt, hat dir viel Freude gemacht und du wirst sie vermissen, auf jeden Fall für eine Übergangszeit.
Im Namen der Stadtverordnetenversammlung danke ich dir für die gute und fruchtbare Zusammenarbeit in den Jahren deiner Amtszeit und wünsche dir für dein nachberufliches Leben Gesundheit und, gemeinsam mit deiner Frau Anne, wundervolle Erfahrungen bei der Erkundung neuer Horizonte.“